Schmerzen auf dem Trail: Tablettomania?
Ich wundere mich über teilweise sehr schräge Aussagen von oft sogar berühmten Outdoorprofis über Schmerzen. Dass man jedenfalls, wenn man gut vorbereitet ist, auch Schmerztabletten im Gepäck hat, bestreiten wenige. Aber einige sprechen davon, dass sie „eine Hand voll einwerfen“ und dann geht es weiter? Apropos weiter: Weiterlesen und mehr erfahren!
Disclaimer
Dies hier ist keine medizinische Beratung. Du bist für Dein Leben selbst verantwortlich und kannst Dich hier maximal inspirieren lassen. Sollte klar sein, dass man wenn möglich zum Arzt geht mit seinen Schmerzen… Warum ich es allein schon aus rechtlichen Gründen tatsächlich schreiben muss bereitet mir an anderer Stelle Angst, aber hier musst du verstehen: Ich bin kein Arzt, ich berate hier nicht medizinisch, ich gebe Wissen weiter, welches lediglich inspirieren soll sich selbst Gedanken zu machen und sich beraten zu lassen.
Aushalten oder Einwerfen?
Allen ernstes: Es gibt Mitmenschen, von denen ich mich gar nicht so weit distanzieren kann, weil ich auch ab und zu denke: „Muss ich jetzt doch wohl keine Schmerztablette einwerfen? Das muss auch ohne gehen!“. Jüngst bei Bauchschmerzen. Tut halt weh, wenn sich da irgendwas bläht und geht vorbei. Man kann es also aussitzen und sich quälen. Was hat das aber nicht auf auf einem Trail wandernd für Nachteile? Du ruhst nicht ausreichend, findest vor Schmerzen keinen Schlaf und wachst daher auf wie gerädert. Dafür hast Du dir aber keine Substanzen mit Nebenwirkungen reingezogen. Wie Du selber abwägst und wo Deine Schwelle liegt Schmerzmittel zu nutzen, das absolut individuell. Wichtig ist aber, dass Du daran denkst: Wenn es weiter gehen soll, muss Dein Körper ruhen und wenn er ruht, heilt er auch schneller. Dies steht gegen die Nebenwirkungen, die jedes Medikament hat. Ich erinnere daran, dass ein gewisser Herr Lauterbach vor der Kamera bei Markus Lanz gesagt hat: „Die Impfung ist mehr oder weniger Nebenwirkungsfrei“. Diese Aussage ist nach wie vor korrekt, nur haben wir doch alle gedacht: „Nebenwirkungsfrei! Wie geil!“ – Leider nein: Es gibt gravierende und nicht ganz so seltene Nebenwirkungen, also galt es abzuwägen: „Mehr oder weniger“ und dazu kommen wir jetzt:
Nicht jedes Mittel für jeden!
Ich habe Zeit meines Lebens sehr gute Erfahrungen mit dem ansonsten ein wenig in Verruf geratenen Ibuprofen gemacht. Es ist ein Schmerzmittel aus der Gruppe der nicht-steroidalen Antirheumatika. Das ist heute für mich ein Problem, da ich an Bluthochdruck leide. Halt zu Fett fürs Ibo-Balett… und darum muss ich umsteigen auf Paracetamol. Nie hat bei mir Meta-Dingens Novaminsulfon und so gewirkt. Als Mittel gegen starke Schmerzen gerne vom Arzt verschrieben musste ich feststellen: Es wirkt einfach gar nicht. Zum Glück, aber auch dies ist eine Geschichte.
Somit bleibt euch eh nichts anderes übrig, als euch vor einer Tour (vor allem, wenn es die erste größere Tour ist) beim Arzt wegen einer Beratung anzumelden. Diese ist in der Regel kostenfrei? Nein: Die Kosten werden von der Krankenkasse übernommen, wie auch eventuelle Impfungen, die für eine Reise notwendig sind. Plant dies bitte unbedingt ein und denkt daran euch über die möglichen Krankheiten zu informieren.
Wenn ihr einen Solotripp ins Hochgebirge plant, so kann notwendig sein, dass ihr Diamox mitnehmt, was gegen die Höhenkrankheit wirkt. Auf meiner ersten Seven Summit Tour hatte ich nichts dabei und als dann noch mein Essen auf dem Weg zum Gipfel einfror, war nur noch Pflichtprogamm drin und das Foto am Gipfelkreuz, für welches man sich anstellen hätte müssen (Massentourismus der Berge…) fiel aus guten Gründen aus. Denn an diesem Tag starben zwei Menschen an diesem Berg durch oder in Bezug zur Höhenkrankheit.
Macht euch also eine Liste: Was erwartet euch im schlimmsten Fall und lasst euch beraten. Die Bergvereine, wie der Deutsche Alpenverein und andere geben hier auch Auskünfte und einschlägige Webseiten gebenebenfalls Informationen.
Schmerzmittel: Die Dosis macht das Gift… viel hilft nicht viel, aber manchmal mehr…
Es gibt weit verbreitete Irrtümer über z.B. Ibuprofen. Wir wollen hier mal schauen, was es damit auf sich hat:
Die 400mg Iboprofen, die es rezeptfrei gibt, ist optimal für jeden! Mehr braucht es nicht. Diese 800mg sind Geldmacherei.
Korrekt ist, dass es 400er Ibus sehr günstig gibt, während 800er teuer und rezeptpflichtig sind. Falsch ist jedoch, dass eine 400er Ibu bereits das „Optimum“ an Wirkstoffkonzentration enthält. Richtig wiederum ist, dass es einen Ceiling-Effekt gibt, der im Grunde besagt: Viel hilft nicht viel. Es gibt ein Optimum an Wirkstoffkonzentration, nur muss dies nicht für jeden 400mg sein! Dieser Irrglaube, dass es eine allgemeine Optimalkonzentration gibt, kostet bei anderen Medikamenten vielen Frauen jedes Jahr das Leben: Frauen sind im durchschnitt kleiner und leichter als Männer und wenn Mediziner nach „Anleitung“ vorgehen, so bekommen Frauen oft eine zu hohe Dosis eines Medikamentes ab. Adipöse Männer hingegen erhalten mitunter eine zu geringe Dosis. Aber auch in Punkto Physiologie können sich bei gleichem Gewicht die Typen so unterscheiden, dass es notwendig ist individuell zu dosieren.
Somit kann es durchaus sein, dass eine 400er Ibo halt nicht genug ist, um bei einem 120kg Mann Schmerzen zu stillen, während die 65kg Frau dies nicht die Bohne nachvollziehen kann. Oder dass ein Bodybuilder mit 90kg aufgrund des angeregten Stoffwechsels schneller aber kürzer eine bessere Schmerzstillung erfährt, wie der 90kg Couchpotatoe.
Es gibt noch einen anderen Grund, der hier genannt werden muss, warum hohe Dosierungen auch jenseits der eigentlich schmerzstillenden Eigenschaft einzunehmen sind: Gerade Ibu wirkt nicht nur schmerzlindernd, es wirkt entzündungshemmend. Wird Ibuprofen aufgrund entzündlicher Schmerzen eingesetzt, wird es oft höher dosiert, denn neben dem Schmerz (wir nehmen mal an, es genügen 400mg für dieses Beispiel!) soll auch die Entzündung bekämpft werden und hierzu können höhere Dosierungen besser wirken.
Die Einnahme von zwei 400mg Tabletten hat genau dieselbe Wirkung, wie eine 800mg Tablette!
Im Prinzip klingt das logisch: Ich werden von einem 5 Liter Fass Bier genauso besoffen, wie von 10 Halben. Für viele Tabletten gilt das, aber Obacht! Nicht für alle und auf die Bauart der Tabletten kommt es auch noch an: So genannte RETARD Kapseln setzen den Wirkstoff nämlich nur über längere Zeiträume frei, so dass eine 800mg RETARD Ibu dazu dient, nicht eine 400er und nach einigen Stunden die nächste nehmen zu müssen.
Auf der anderen Seite gibt es Tabletten, da wird der Wirkstoff anders transportiert zur Stelle, wo sie wirken. Ein Beispiel: Du kannst ja mehrere Bier eines leichten Bieres trinken, aber auch eine Flasche Starkbier. Du wirst anders betrunken sein in diesem Fall! Manchmal ist es notwendig, dass eine hohe Wirkstoffkonzentration an der Stelle ankommt, wo es wirken soll. Ein Beispiel: Wenn Du ein Wassertopf auf 100 Grad erhitzen willst, so brauchst Du am besten eine Wärmequelle, die ein paar hundert Grad heiß ist. Du kannst beliebig viele 50 Grad warme Wärmequellen unter den Topf schieben – Das Wasser wird nicht kochen.
Somit schau nach, wie die jeweilige Tablette wirkt: Oft funktioniert es, wenn Du „Big Guy“ bist, dass Du einfach zwei Tabletten einwirfst, denn die Regeldosis wird wohl auf einen 75kg Menschen ausgelegt sein. Je nachdem, was Dir Dein Arzt vorher geraten hat – Fähige Ärzte wissen das und kennen auch Tabletten, die höher oder niedriger Konzentriert an der Wirkstelle ansetzen. Pauschal gilt also nicht, dass eine Tablette halber Konzentration gleiche Wirkung entfaltet, wie eine mit doppelter… Ähhh… oder so. Wollte nur sehen, ob ihr noch mitlest 😉
Füllstoffe? Logo: Tabletten (die meisten Ibus) sind einfach gestrickt und wird können die pauschale Annahme oben übernehmen. Hersteller benutzen nämlich ein und denselben Ausgangsstoff, der lediglich unterschiedlich „verdünnt“ wird. Wie beim Eierlikör: Es wird immer reiner Trinkalkohol benutzt, um Suff in die Pulle zu bekommen. Mal weniger, mal mehr und so gibt es 15% igen und 20%igen und so.
Aber: Wer eine Dosis erlangt, indem er mehr von gering konzentrierten Tabletten einnimmt, der nimmt in diesem Fall auch mehr von den „Füllstoffen“ zu sich! Da muss am Ende auch schauen, was das für welche sind und ob die negative Eigenschaften haben.
Zusammenfassung
Es gibt also RETARD Kapseln, die zwar mehr Wirkstoff intus haben, aber diesen über längere Zeiträume abgeben. Dann kann eine 800er sogar mal wie zwei zeitlich versetzt eingenommene 400er wirken und solche Tabletten ersparen die Einnahme zeitlich versetzter, geringerer Konzentration durch Langzeitwirkung.
Es gibt ein Optimum an Dosis, überschreitet man diese Dosis, so werden die Schmerzen nicht weniger! Viel hilft nicht viel!
Es gibt Schmerzmittel, die können noch so hoch gelobt sein: Wenn sie nicht wirken, wirken sie nicht! Dann musst du halt wechseln.
Die Wirksamkeit kommt auf die Bauart der Tablette an: Wird (meistens!) lediglich ein und derselbe Stoff, z.B. Ibuprofen, für die 400er Tablette einfach mit doppelt so viel Füllstoff vermengt, so gilt natürlich: Zwei mal 400er ist eine 800er. Wenn aber eine höhere Konzentration an der Wirkstelle ansetzt, gilt dies nicht mehr. Denkt an den Wassertopf von oben: Wenn Du beliebig viele Hitzequellen von 50 Grad unter einem Wassertopf stellst wird das Wasser nicht kochen. (Ja… alpin mal außen vor!) – Du musst schon eine mehrere hundert Grad heiße Quelle drunterschieben und so einen Effekt gibt es eben auch bei Schmerzmitteln und da musst Du Dich einfach beraten lassen.
Verschreibt der Arzt offensichtlich hohe Dosen, die nicht nur dem Schmerz bekämpfen sollen, treten wohl „Nebeneffekte“ ein: Eine 400er Ibu kann schon reichen um den Schmerz zu drücken – Verordnet der Arzt eine 800er, will er wohl auch an die Entzündung ran, denn Ibu ist auch entzündungshemmend und dazu können höhere Dosen nötig sein.