Reifen für das Wohnmobil
Um es gleich vorab zu sagen: Ich bin nicht wie so viele von irgendwelchen Firmen gesponsert, sondern meine Ergebnisse basieren auf Recherchen und Erfahrungen. Dafür biete ich euch kein „Influencer“-Entertainment, sondern Fakten. Aber, was, wenn die Theorie am Ende von der Praxis eingeholt wird?! Dann lies mal weiter!
INTENTION
Vorab der Disclaimer: Dies ist keine Beratung oder sowas – Es ist ein, wenn auch fundierter MEINUNGSBERICHT. Muss ich leider immer dazu schreiben, denn für euer Handeln und eure Auswahl der Reifen und Räderkombinationen ist kein anderer Verantwortlich, als IHR SELBST! Hier beschreibe ich also MEINE Entscheidung und berate nicht und übernehme auch keinerlei Haftung.
Ich fahre eigentlich auf befestigten Straßen und brauche „off-road“ (halt unbefestigte Untergründe) für die letzten paar Prozent des Weges und das auch nicht immer. Daher: 15% zu 85% Off-On-Road Verhältnis. Es gibt eine Lebenstraum, der sich in Form eines reisetauglichen Wohnmobils ausdrückt, mit dem man eben nicht nur auf Teerstraßen unterwegs sein kann – Aber nochmal: Es halt zu 85% sein wird die nächsten Jahre.
Dann kam der ADAC mit einer „Enthüllung“, die einige Influencer sogar bewegte sich von ihrer AT-Bereifung zu trennen. Andere rüsten fleißig weiter um und die meisten, das muss man leider sagen: Trotz VERNICHTENDER Ergebnisse von AT-Reifen auf der Straße rüsten die meisten wegen einer abenteuerlichen Optik um. Schönheit darf nicht vor Sicherheit gehen und ob grobes Profil nun schön ist, darüber lässt sich auch streiten.
Da hat der ADAC und viele, die jetzt das Thema ausschlachten wollen leider oftmals nicht weit genug gedacht und das will ich hier mal darstellen! Ein Plädoyer für AT-Reifen? Um Gottes willen! NEIN! Aber für die Beweggründe, die einfach beim derzeit üblichen AT-Reifen BASHING (Mobbing) zu kurz kommen und leider auf die Fahrer dieser Reifen abfärben und zwar in der Form, dass sie unverantwortliche Spinner seien und hier gleich ein Spoiler: Wer so etwas denkt, der hat leider zu wenig Sachverstand – Also: AB DAFÜR!
Tabellarisches Ergebnis einer KI
Es ist ganz einfach: Die AT Reifen sind, wie der ADAC richtig feststellt und auch ProMobil vor einiger Zeit korrekt bestätigte, auf der Straße sehr suboptimal. Man kann es sich so vorstellen: Je besser ein Reifen für losen Untergrund optimiert wird, desto schlechter funktioniert er auf befestigten Straßen und umgekehrt.
Da mein Traummobil mit AT Reifen ausgerüstet eintrudeln wird, habe ich also brav den Kopf geschüttelt und mir gesagt: Oberste Priorität hat der Wechsel dieses Sicherheitsrisikos. Dann habe ich Gemini von Google angesetzt und der hat mir ein paar Reifen ausgespuckt:

Alles klar: Wir fahren auf unserem VAN gerade die Conti All-Season und sind sehr zufrieden damit. Also bei Lieferung des Dicken Bruder: Runter mit dem Drecks-AT Kram und Conti drauf! Sorry: Falsches Satzzeichen! Also: Runter mit den ATs und Contis drauf? [Fragezeichen]
Leider: NEIN!
Und jetzt kommt der interessante Teil, warum jeder, der Fahrer von Fahrzeugen mit AT-Reifen „Spinner“ nennt leider massiv irrt und ohnehin seinen moralischen Kompass neu justieren muss:
Warum ein Reifenwechsel weg von AT Bereifung nicht so einfach ist…
Serienbereifung
Wer es nicht weißt: Die Größe der Reifen ist halt nicht einheitlich vorgeschrieben. Man kann auf einem Fahrzeug verschiedene Größen fahren und wer meint: Die einen sind halt breiter, die anderen schmaler und das wars: Setzen SECHS!
Wir reden hier nicht von Wohnmobilen der „Klasse“: Einzelanfertigungen, wo sich der Kunde alles konfigurieren kann und am Ende 300.000€ auf den Tisch legt. Dort könnt ihr genau sagen, was ihr haben wollt: Luftfahrwerk, Auflastung und bitte mit 18 Zoll und von mir aus dennoch extrem seltene LKW Straßenreifen oder weiß der Geier. Also, wenn die Chassis von diesen Fahrzeugen dann nicht ohnehin auf Commercial, oder gar Military Chassis aufgebaut sind.
Nein: Wir sprechen von Weißwahre, also Serienfahrzeugen und da hat man nur die Wahl, die einem der Hersteller zugesteht und im Falle eines ML-T 4×4 ist Serienstand: Der Hymer wird mit 245/75R16 ausgeliefert. Ein AT-Reifen von BF Goodrich, der A/T K02. Auf der Straße eigentlich eine Katastrophe, die aber GRÜNDE HAT – Dazu gleich mehr. Diese Größe ist eine „Offroadgröße“… oder anders gesagt: Es gibt in dieser Größe schlichtweg all die schönen Alternativen aus der Tabelle oben NICHT ZU KAUFEN!
Aber es passen andere Reifen drauf?
Korrekt: Felge und Basisfahrzeug geben das her. Aber was nicht geht: 225/75R16 aufziehen und losfahren. Denn der Tacho weicht dann knapp 4% ab, denn Hymer musste den MLT (Als Beispiel genannt) zum TACHOABGLEICH mit IHREN SERIENREIFEN schicken. Also ist der Tacho an dem größeren Umfang der Reifen angepasst und ein Zurück geht so ohne weiteres nicht – Man muss erst zu Mercedes um den Tacho wieder anzupassen und dann zum Tüv. Das kostet Zeit, Geld und nerven. Zumal es Gründe hat, warum Hymer diesen Reifen verbaut:
Die Gründe, warum diese Reifengröße gewählt wurde
- Die Reifen haben einen für dieses Fahrzeug maximalen Durchmesser. Dies schafft „echte Bodenfreiheit“, das das gesamte Fahrzeug, auch die Allradkomponenten und Unterbauten um 15mm zusätzlich angehoben werden.
- Es gibt die AT-Reifen günstig mit den entsprechenden Lastindex. Wir fahren hier keinen 3,5t Sprinter, sondern ein Fahrzeug mit 4,1 oder mehr Tonnen. Der Lastindex sollte dann schon mal 120 sein und die schönen Alternativreifen gibt es teilweise nur bis 114 oder 116.
- Der große Umfang hat zudem kombiniert mit der Möglichkeit bei AT-Reifen den Druck im Gelände auf 2 Bar zu senken einen Vorteil, auch wenn man nicht im Gelände im Nirgendwo unterwegs ist: Es kommt häufig vor, wenn man Stellplätze (ja, legale Stellplätze) auf unbefestigten Untergrund besucht, dass sich Fronttriebler gerne festfahren. Es genügt dazu nasser Rasen und eine leichte Steigung. Nun sprechen wir von Allrad, wo dies eher seltener vorkommt – Aber vorkommt. Die größere Standfläche der AT-Reifen mit diesem 245/75 Verhältnis ermöglicht dann eine sehr signifikante Performancesteigerung auf diesen Flächen. Ist es trocken, das muss auch gesagt werden, dann sind gemäß ADAC Test die Ergebnisse mit Allwetterreifen ähnlich den AT-Reifen – IN DER SELBEN GRÖSSE!
- Böschungswinkel. Leider kommen Wohnmobile, mit denen man nicht minimalistisch, sondern „ernsthaft“ reisen kann nicht ohne Heckgarage und Stauraum aus. Der Stauraum befindet sich meistens hinter der Hinterachse und begrenzt massiv (!) den Böschungswinkel. Manch Auffahrten sind also nicht machbar und je weniger Bodenfreiheit das Fahrzeug hat, desto weniger geht an Rampen. Da geht es um jeden Zentimeter und wer zurück auf 225/75 wechselt, der verliert 15 mm Bodenfreiheit und somit auch einiges an möglichen Böschungswinkel.
- Robustheit: AT-Reifen sind extrem stabil gebaut. Die CP-Reifen der Straßenfraktion sind auch gut! Die können einiges, kommen aber nicht an die Robustheit der AT heran. Das bedeutet: Wer oft „schmutzige“ oder „unaufgeräumte“ Stellplätze anfährt, oder oft spitze Steine auf dem Weg hat, irgendwelche aufbröselnden Betonplatten… der fährt länger sicherer mit halt diesen AT-Reifen.
- Abnutzung: Es wurden Tests gefahren mit NEUEN Reifen. Ein AT-Reifen getestet gegen einen NEUEN All-Season-Straßenreifen ist mega-schlecht. Aber ist das nach 5 Jahren auch noch so? Ein AT-Reifen baut nicht so schnell ab, gerade wenn wir über 4 Tonnen Gewicht der Fahrzeuge sprechen. Wie sieht der Vorsprung also aus, wenn der Straßenreifen abgefahren(er) ist und altert? ATs sind auf Langlebigkeit und Robustheit ausgelegt, das ist nicht nur Optik und dass ein an sich hervorragender Conti Vancontact nach einigen tausend Kilometern deutlich abbaut, das berichten die Fahrer aus der Praxis sehr wohl.
Fazit
Es gibt zwei Fraktionen bei den AT-Reifen und der ADAC hat eine Dritte getestet! Der ADAC hat verhältnismäßig leichte Pickup Fahrzeuge auf Straße und Gelände geschickt. Promobil hingegen hat immerhin mit Wohnmobilen getestet. Die Ergebnisse lassen sich nicht übertragen: Ein Pickup, ein 3,5t Wohnmobil und schweres Wohnmobil über 3,5t haben andere Grundvoraussetzungen, Schwerpunkte und Bedürfnisse. Dass ein AT-Reifen auf der Straße jene 20% Performance einbüßt, die er im Gelände wett macht liegt auf der Hand. Tut er gar nicht laut ADAC? Warten wir mal besser Tests mit über 4t schweren Wohnmobilen ab, also mit LKW – Da wird manch Blatt neu gemischt werden! Also: DOCH, lässt sich die Physik nicht überlisten: Grobes Profil ist im Gelände überlegen und zwar immer dann, wenn sich Stollen irgendwo eingraben müssen. Etwa in feuchten Rasen… dazu muss man nicht in die Sahara fahren! Allrad ist der Gamechanger? Ja und nein. Der schnellste Marathonläufer der Welt wird in Stöckelschuhen keinem Einbeinigen davonrennen, jedenfalls nicht lange. Apropos Lange und Nutzungsdauer: Ein heruntergefahrener All-Seasonreifen ist am Ende auch nicht mehr so performant, wie ein Neuer! Die Wahrheit ist, dass AT-Reifen langlebiger sind, also im Prinzip länger „neuwertig“ bleiben. Im ersten Jahr mag die Performance von All-Season-Straßenreifen noch massiv überwiegen – Aber wie sieht es nach 5 Jahren aus?
Der absolute Hauptgrund, warum halt viele wohl oder übel mit den AT-Reifen der Hersteller als deren Serienausstattung herumfahren ist der, dass es in der jeweiligen Größe halt gar keine anderen Reifentypen gibt! Ist so… wer keine Wahl hat, der kann nichts anderes auswählen!
Gut, ob es beim Hymer unbedingt der schlechteste AT-Reifen sein muss, den man auf befestigten Straßen aufziehen kann… FRAGLICH! Aber auch hier: Der beliebte, da Straßenähnlichste AT-Reifen von General Grabber, der AT3 All Season, der ist in 245/75R16 leider sehr schwer verfügbar. Den bekommt man nicht überall. Dann gibt es in diesem Bereich noch Reifen… von Herstellern… da hast Du als Normalsterblicher noch nie was von gehört. Die eingefleischten Off-Roadfans sagen zum einen oder anderen: „Mann! Das ist auch das Beste vom Besten, was man so fahren kann!“ – Äh… okay… ist das so?
Es mangelt einfach an wirklich fundierten Tests und daran, dass es eben wie gesagt Gründe hat sich für einen Reifen der angegebenen Größe zu entscheiden und dass es im Prinzip MIST ist, dass es für diese Größe am Ende nur AT-Reifen gibt! Ergo haben all die Fahrer mit ihren „Stollenreifen“ kein Egoproblem, sondern schlichtweg als Laien gar keine andere Chance, als diese Dinger immer wieder draufzuziehen. Fakt ist: Der Bremsweg ist um 20% schlechter, die Nasshaftung oft ebenso von Seitenführung ganz zu schweigen und das bei Fahrzeugen, die LKW sind… Die Reifenhersteller könnten hier ehrlich gesagt auch mal die Nische schließen und sich bemühen: Liebe Conti… wie wäre es mit einem VANCONTACT 4 SEASON CP in 245/75R16 120 CP ? Gibt es nicht, gibt es auch nicht von Michelin und nicht von irgendwem anderes. Das „Kaliber“ ist rein Offroad SUV Gedöns.